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Die Kaufreise der B2B-Kunden verstehen

Im B2B sollten Buyer Journeys für Erstkunden und solche für Bestandskunden entwickelt werden.
Anne M. Schüller | 14.11.2017
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Im B2C sind die Entscheidungswege meistens kurz und häufig spontan, zum Beispiel beim Shopping. Dort macht das Entwickeln von üblichen Customer Journeys Sinn. Im B2B hingegen sind die Entscheidungswege eher lang und komplex, und sie werden größtenteils von mehreren Entscheidern gründlich geplant.

Nach dem Erstkauf gibt es in aller Regel Folgegeschäft, wobei Erstkunden und Stammkunden unterschiedlich agieren. Den Entscheidungsprozess, den B2B-Kunden bis zu ihrem ersten Kauf durchlaufen, nennen wir Buyer-Journey (BJ). Alle dann folgenden Kaufprozesse sind Bestandskunden-Buyer-Journeys (BBJ).

So entwickeln Sie Buyer-Journeys und Buyer-Personas im B2B



Der Verlauf einer Buyer-Journey ist je nach Branche, Einkaufsprozedere und Kaufgut zu differenzieren. Wer sich dabei - sowohl inhaltlich als auch typbedingt - auf die Bedürfnisse seiner jeweiligen Ansprechpartner einstellen kann, hat schnell einen deutlichen Vorsprung vor der Konkurrenz.

So nutzt man auch im B2B Buyer-Personas. Das sind prototypische Stellvertreter einer Kundengruppe, die deren charakteristische Eigenschaften, Erwartungshaltungen und Vorgehensweisen in sich vereinen. Oft gibt man ihnen Namen, die typische Teilnehmer in Entscheidungsgremien repräsentieren: zum Beispiel Ingo IT oder Monika Marketing.

Zunächst individualisieren Sie also die Buyer-Journey. Dazu erstellen Sie zum Beispiel eine spezifische Buyer-Journey für Ingo IT, eine weitere für das Vorgehen von Peter Produktion, womöglich eine dritte für Egon Einkauf. Jedes Diagramm erhält zudem einen Zeitstrahl, damit wir sehen, wie lange ein typischer Kaufprozess insgesamt dauert.

Wie der Rechercheprozess eines B2B-Kunden wirklich verläuft



Nun geht es darum, herauszufinden, wie die jeweilige Persona - als Stellvertreterin für wahre Kunden – im Rahmen des Suchprozesses agiert. Wir überlegen, wie wir mithilfe maßgeschneiderter Inhalte die jeweiligen Phasen einer Entscheidung zu unseren Gunsten beeinflussen können. Überlebenswichtig sind dabei die beiden ersten Phasen, also Vorrecherche und Anbietersuche, die heutzutage vornehmlich im Web stattfinden.

Wenn wir da nicht performen, ist alles verspielt. Denn wer uns nicht findet, kann auch nicht bei uns kaufen. Die Adenion GmbH fand kürzlich heraus: 95 Prozent der Geschäftskunden recherchieren im Internet, wenn sie nach Fachinformationen und Geschäftspartnern suchen. Ferner sind 57 Prozent des Einkaufsprozesses bereits gelaufen, wenn die Entscheider erstmals einen Vertriebsmitarbeiter kontaktieren.

Zwei elementare Fragen sind deshalb zu stellen: Werden wir zum recherchierten Thema überhaupt gefunden? Wie weit vorne in den Trefferlisten? Und: Werden wir mit Inhalten (Content) gefunden, die so interessant sind, dass wir in die Vorauswahl kommen?

Eine gute Content-Strategie plus Suchmaschinen-Optimierung (SEO) sind für beide Punkte fundamental, wobei der Inhalt natürlich Vorrang vor SEO, der Leser also Vorrang vor den Suchmaschinen hat. Die gute Nachricht dabei: Was den Lesern gefällt, gefällt auch Google und landet damit bei den Treffern weit vorn.

Die Bestandskunden-Buyer-Journey und ihr Potenzial



Den Kaufentscheidungsprozess, den bestehende Kunden beginnen, wenn sie wiederholt bei uns kaufen, nennen wir Bestandskunden-Buyer-Journey (BBJ). Hierbei geht es um das systematische Ausschöpfen des Bestandskundenpotenzials. Dies beinhaltet sowohl dauerhafte Geschäftsbeziehungen und profitable Mehrumsätze durch Upselling und Crossselling als auch die Neukundengewinnung durch Weiterempfehlung und die leider sehr oft vernachlässigte Kundenrückgewinnung.

Die neue Gefahr: Auch Bestandskunden informieren sich ständig weiter, vor nahezu jedem Wiederkauf finden Online-Recherchen statt. Die bedingungslose Loyalität von einst, die gibt es nicht mehr. Wenn Kunden sich früher für einen Anbieter entschieden, blieben sie, solange nichts schieflief, meistens treu. „Da weiß man, was man hat“ war ein gängiger Spruch. Marktransparenz zu bekommen war schwer und die Gefahr, eine Fehlentscheidung zu treffen, demgemäß hoch.

Heute ist das völlig anders. Im Web wird man ständig zur Untreue verführt. Hochdigitalisierte Kunden sind nur so lange treu, bis ein besseres Angebot kommt. Nicht nur im Büro, nein, auch abends mit dem Tablet auf dem Sofa surfen die Entscheider los. In Fachforen folgen sie den Diskussionen der anderen Anwender. Auf Bewertungsportalen zählen sie Sterne. Sie suchen nach Alternativangeboten - und nach Erfahrungsberichten „wissender Dritter“.

Im Web wird man auch als Bestandskunde zur Untreue verführt



Was also tun? Das ist einfach. Präsentieren Sie nicht nur Interessenten sondern auch dem bestehenden Kunden relevante Informationen über passende Angebote ganz genau dann, wenn er sie sucht, und dort, wo er sie sucht.

Mit gut gemachtem, intelligentem und qualitativ erstklassigem Content, der über automatisierte Prozesse ausgespielt wird, lässt sich dies steuern. So unterstützen Sie wiederkaufwillige Bestandskunden in ihrem erneuten Kaufentscheidungsprozess. Dieser kann, wenn es zum Beispiel zu einer nochmaligen Ausschreibung kommt, wiederum die sieben Phasen der Buyer-Journey durchlaufen.

In anderen Fällen wird sich der Phasendurchlauf verkürzen, da der Kunde Sie ja inzwischen schon kennt. Den Kunden, die Sie weiterempfehlen wollen, geben Sie Material an die Hand, das sich teilen und weiterverbreiten lässt. Und für die verlorenen Kunden, die Sie zurückhaben wollen, entwickeln Sie ein professionelles Rückholprogramm.

Das Buch zum Thema: Marketing-Automation für Bestandskunden - Up-Selling, Cross-Selling, Empfehlungsmarketing, Kundenrückgewinnung