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Kunden lesen: Wie sind in drei Sekunden wissen, wie Ihr Gegenüber tickt

Ein Buchtitel, der zunächst einmal viel verspricht. Vielleicht zu viel? Schließlich ist jeder Mensch anders und Kunde eben nicht gleich Kunde ...
Klaus Wenderoth | 04.09.2012
Ein Buchtitel, der zunächst einmal viel verspricht. Vielleicht zu viel? Schließlich ist jeder Mensch anders und Kunde eben nicht gleich Kunde. Ist es wirklich möglich, im Gesicht unseres Gegenübers zu lesen? Wenn ja, dann kann diese Fähigkeit einem Verkäufer entscheidende Vorteile bringen. Dann gäbe es auch kaum einen besseren Grund, sich mit dem neuen Buch von Wiebke Lüth zu befassen. Nachgefragt.

Klaus Wenderoth: Frau Lüth, amerikanische FBI-Agenten (Profiler) nutzen schon seit Jahren ihr Wissen um die Bedeutung der verschiedensten Gesten, Körperhaltungen und Gesichtsausdrücke von Menschen. Sind diese menschlichen Ausdrucksformen auch für die Wirtschaft interessant?

Wiebke Lüth: Das kann ich nicht beurteilen. Gestik, Mimik und Körperhaltung sind ein spezielles Wissensgebiet, das auch sehr interessant ist. Bei Face Communication geht es um Gesichtsstrukturen, also solche Merkmale, die nicht oder nur über einen längeren Zeitraum hinweg Veränderungen erfahren können.

So ist zum Beispiel der Augenabstand bei den meisten Menschen ein Leben lang weitgehend gleich. Es gibt allerdings andere Gesichtsstrukturen, die sich etwa im Laufe der Pubertät verändern.

Klaus Wenderoth: Sammy Molcho, der bekannte österreichische Pantomime sagt, dass 80 Prozent unserer Reaktionen und Entscheidungen durch nonverbale Kommunikation ausgelöst werden. Teilen Sie diese Einschätzung? Und wenn ja, was bedeutet das für uns alle?

Wiebke Lüth: Die Arbeit von Sammy Molcho ist wirklich beeindruckend. Auch bei ihm geht es, soweit ich das einschätzen kann, im Wesentlichen um Gestik und Mimik.

Ich glaube auch, dass die nonverbale Kommunikation einen bedeutenden Anteil hat. Einige Gesichtsstrukturen haben ebenfalls ganz offensichtlich auch eine Wirkung auf den Gesprächspartner, selbst wenn dieser sich bisher nicht mit Face Communication beschäftigt hat.

Klaus Wenderoth: Wer „Kunden lesen“ kann, müsste demnach auch viel schneller in der Lage sein, dessen Wünsche, Bedürfnisse, Prioritäten und Sorgen zu erkennen?

Wiebke Lüth: Bei Face Communication geht es insbesondere um typische Verhaltensweisen von Menschen. Und das Ziel des Buches ist es tatsächlich, es dem Verkäufer leichter zu machen, auf die Bedürfnisse des Kunden zu reagieren.

Lassen Sie mich das konkretisieren: Wenn zum Beispiel ein Kunde mit einer auffallend schrägen Stirn den Laden betritt, dann weiß der Leser meines Buches, dass er diesem Kunden Ergebnisse präsentieren darf. Wenn es also zum Beispiel um den Kauf eines Kleiderschrankes gehen würde, dann möchte dieser Kunde vor allem eins wissen: „Wann steht der Schrank in meinem Schlafzimmer.“

Das Gegenteil wäre hier ein Kunde, der genau wissen möchte, wie der Ablauf ist, der zu dem gewünschten Ergebnis – Schrank steht im Schlafzimmer – führt. An diesem Beispiel verstehen Sie sofort wie Face Communication hilft, viel besser als bisher, Kundenbedürfnisse abzuschätzen und auf sie angemessen zu reagieren.

Klaus Wenderoth: Wird sich nicht jeder, der Ihr Buch liest, auch mit der eigenen Gestik, Mimik und Körperhaltung auseinander setzen? Ist das von Ihnen auch so beabsichtigt?

Wiebke Lüth: Viele meiner Seminarteilnehmer und inzwischen auch die ersten Leser meines Buches berichten, dass sie sehr viel aufmerksamer als bisher ihre eigenen Gesichtsstrukturen wahrnehmen.

Meist werden dann auch Verwandte und Bekannte in diese Beobachtungen einbezogen und das Verhalten dieser Menschen wird in Abstimmung mit den Erkenntnissen aus dem Buch überprüft. Das erstaunliche ist die Übereinstimmung, die dabei festgestellt wird.

Um also Ihre Frage zu beantworten: Ja, es ist durchaus erwünscht und ich glaube sogar, dass es der beste Weg ist, Face Communication kennenzulernen, indem man seine eigenen Gesichtsstrukturen und das eigene Verhalten genau beobachtet.

Klaus Wenderoth: Letztendlich geht es im Geschäftsleben um gegenseitiges Verstehen und Vertrauen. Aber: Ist es auch möglich, meinem Gesprächspartner anzusehen wenn er nicht meint was er sagt?

Wiebke Lüth: Es gibt Autoren, die behaupten, dass sie dies sehen können. Mit Face Communication hat das nichts zu tun, denn wie schon gesagt, geht es dabei um Gesichtsstrukturen.

Klaus Wenderoth: Ist es wirklich möglich, den Charakter eines Menschen innerhalb von Sekunden zu erkennen? Eigentlich ist das kaum vorstellbar.

Wiebke Lüth: Das stimmt. Ich halte das auch für kaum vorstellbar. Was sich allerdings sagen lässt, ist, dass wir dank Face Communication in der Lage sind, typische Verhaltensweisen eines anderen Menschen in einer bestimmten Situation vorherzusagen.

Das ist zwar sicherlich weit entfernt von der Beurteilung seines Charakters, hilft dafür aber im Verkaufsprozess deutlich mehr.

Klaus Wenderoth: Gehen wir weiterhin davon aus, dass jemand Ihre Tipps umsetzt. Und: Dann auch noch, kundenbezogen, die richtigen Schlüsse daraus zieht. Dann wäre das doch „der perfekte Verkäufer“?

Wieke Lüth: Das hängt davon ab, was Sie unter einem perfekten Verkäufer verstehen. Für mich ist ein perfekter Verkäufer derjenige, der den Kunden unterstützt, eine gute Entscheidung zu treffen, mit der sich der Kunde wohlfühlt. Das könnte ja auch bedeuten, dass ein Verkäufer einem Kunden von einer Kaufentscheidung abrät.

Ich stelle im Alltag allerdings fest, dass die meisten Verkäufer nach einem einmal antrainierten Schema verkaufen. Und das funktioniert dann eben mehr oder weniger gut. Face Communication verfolgt an dieser Stelle das Ziel, dem Verkäufer wieder die Augen zu öffnen für das, was für erfolgreiche Kommunikatoren so offensichtlich ist.

Es ist also ein Hilfsmittel, damit der Verkäufer den Kunden einfach besser bedient. Und wer es in diesem Sinne anwendet, der wird auf jeden Fall deutliche Verkaufserfolge damit erzielen.


Klaus Wenderoth: Können Sie selbst heute im Gesicht eines Menschen lesen wie in einem offenen Buch?

Wiebke Lüth: Tatsächlich kann ich in den meisten Fällen sehr präzise sagen, wie sich dieser Mensch in bestimmten Situationen verhalten wird und da ich dies seit vielen Jahren erfolgreich tue, weiß ich, wie zutreffend Face Communication ist.

Ich möchte allerdings auch betonen, dass jeder von uns natürlich sehr viele verschiedene Verhaltensweisen hat und dass es auch sehr viele verschiedene Gesichtsstrukturen gibt, die über das Verhalten eines Menschen Auskunft geben. Hinzu kommt, dass manche Gesichtsstrukturen sich sozusagen verstärken oder ein bestimmtes Verhalten abschwächen können.

Insofern bleibt natürlich jeder Mensch so individuell wie er ist und dieser unendlichen Vielfalt wird Face Communication gerecht. Dies ist für mich besonders wichtig, weil es nicht um eine simple Kategorisierung von Menschen geht.

Klaus Wenderoth: Warum und für wen haben Sie dieses Buch geschrieben Frau Lüth?

Wiebke Lüth: Das Buch richtet sich in erster Linie an Verkäufer und ich weiß, dass von der Lektüre schlicht jeder Mensch profitiert.

Schließlich haben wir alle ein Gesicht und mein Buch bietet die Gelegenheit, sich selbst einmal völlig neu aus einer anderen Perspektive sehr genau zu beobachten.

Dieses und weitere Interviews finden Sie hier: http://www.KlausWenderoth.de