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Reden Sie doch endlich Klartext!

Vor kurzem habe ich einen Song aus den 70er Jahren wieder entdeckt: „Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars“.
Bernd Geropp | 04.10.2012
Reinhard May besingt darin seinen Frust über die ausufernde Bürokratie in deutschen Amtstuben. Leicht überspitzt, humorvoll und treffend.

Aber nicht nur Beamte und Politiker quälen ihre Mitmenschen mit bürokratischem Geschwätz. Auch in Unternehmen redet man zunehmend unverständliches Kauderwelsch. Da lässt ein Vorstandsvorsitzender Sätze vom Stapel wie:

„Um zukünftig die in unserem Unternehmen brach liegenden Synergien effizient zu heben und Reibungsverluste effektiv zu minimieren, wird es nicht ausbleiben, dass Personalressourcen, die nicht in unserem „Core Business“ eingesetzt werden, kurz- bis mittelfristig reduziert werden müssen.“

Warum redet der Mann so? Entweder er kann nicht Klartext reden oder er will es nicht. In diesem Fall will er wahrscheinlich um den heißen Brei herumreden. Schließlich sagt er nichts anderes als:

„Wir werden demnächst Mitarbeiter entlassen!“

Unverständliche Sprache im Unternehmensalltag

Leider taucht diese unverständliche Bürokraten-Sprache auch vermehrt im Unternehmensalltag auf. Beispielsweise fällt es vielen Mitarbeitern schwer kurz und treffend zu protokollieren. Sinnvolle Maßnahmen werden unnötig kompliziert und unverständlich beschrieben. Im Protokoll eines Abteilungsleiters steht beispielsweise:

„Entsprechend der Geschäftsführervorgabe für Abwesenheit wurde die Entwicklung und Einführung einer Vertretungsregelung durchgeführt!“


Grauselig. Den Satz muss man mehrfach lesen, um ihn zu verstehen. Dabei ist es ist doch ganz einfach: Verwenden Sie Verben, wenn Sie etwas sagen wollen:

„Entsprechend der Geschäftsführervorgabe für Abwesenheit wurde eine Vertretungsregelung entwickelt und eingeführt.“

Das ist jetzt etwas besser, klingt aber immer noch kompliziert. Sagen Sie doch einfach, was Sache ist. Reduzieren wir es auf das Wichtige – und das lautet:

„Es wurde eine Vertretungsregelung eingeführt!“

So ist es besser. Jetzt formulieren Sie den Satz noch aktiv. Damit haben Sie den Verantwortlichen für die Aktion bestimmt, also:

„Ich habe eine Vertretungsregelung eingeführt!“

oder noch besser:

„Ich habe die Vertretung geregelt!“

Na bitte, geht doch! War doch gar nicht so schwer, oder?

Warum sprechen wir verklausuliert?

Wer beschäftigt sich schon gerne mit komplizierter Sprache vollgepackt mit Floskeln? Damit erreichen Sie nicht die Menschen. Wer verstanden werden will muss sich einfach und prägnant ausdrücken. Das fällt manchmal schwer.

Bereits in der Schule werden wir schließlich oft mit schwulstigem Unfug und Gelaber berieselt. Das setzt sich fort in Fernsehen und Radio wie auch in Politikerreden und manchen Professorenvorträgen.
Manche Zeitgenossen trauen sich nicht Klartext zu reden, weil sie negative Konsequenzen fürchten. Für diese Fälle, in denen Sie eigentlich nichts sagen wollen, gibt es eine gute Lösung - frei nach Dieter Nuhr:

„Einfach mal Klappe halten!“


Klartext schreiben: So geht’s!


Niemand von uns ist gefeit, etwas zu kompliziert zu formulieren. Es gibt aber einige einfache Tipps, die helfen Klartext zu reden:

- Verwenden Sie Verben,
wenn Sie etwas sagen wollen.

- Reden und schreiben Sie im Aktiv.
Das zwingt Sie, Ross und Reiter zu nennen.

- Machen Sie einfache Sätze.
Teilen Sie einen langen Schachtelsatz lieber in zwei oder drei kurze Sätze.

- Vermeiden Sie Floskeln.
Beispiele:
Fassen Sie keinen Beschluss – sondern beschließen Sie.
Erbringen Sie keine Leistung – sondern leisten Sie.
Führen Sie keine Analyse durch – sondern analysieren Sie.

- Vermeiden Sie redundantes Geschwätz:
Permanente Dauerbelastung?
Unsinn! Eine Dauerbelastung ist immer permanent.
Eine feste Überzeugung?
Quatsch! Eine Überzeugung, die nicht fest ist, ist schlicht eine Meinung.
Zukunftsinvestition?
Blödsinn. Es heißt Investition. Sie können schließlich nicht in die Vergangenheit investieren, oder?

Klartext reden ist eine Kunst, die Sie lernen können. Wer sich näher mit dem Thema Klartext reden beschäftigen möchte, dem empfehle ich das Buch „Komm zum Punkt“ von Thilo Baum.

Lese ich meine eigenen Texte, erkenne ich immer wieder unnötiges Beiwerk, Floskeln und verknotete Aussagen. Aber ich arbeite daran, besser zu werden. Es ist gar nicht so einfach, einfach zu sagen, was Sache ist.

Weitere Praxistipps von mir finden Sie unter http://www.mehr-fuehren.de