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Zielstrebige Bescheidenheit - geht das überhaupt?

Wie äußerer und innerer Erfolg in Balance kommen
Marc M. Galal | 29.04.2015
Wir Menschen rennen täglich von Termin zu Termin, kommen den Forderungen anderer nach, erfüllen die Wünsche unserer Chefs, Kunden oder Familien. Fast ihr ganzes Leben hetzen viele dem vermeintlich Glück bringenden Wohlstand hinterher. Haben sie endlich gewisse Statussymbole erreicht, merken sie, dass „mein Haus, mein Auto, mein Pferd“ nur bedingt glücklicher machen. Also noch mehr Termine, um noch mehr zu schaffen, damit wir uns noch mehr leisten können… Aber jammern wir nicht alle auf einem hohen Niveau? Und sind wir wirklich in letzter Konsequenz dazu bereit, etwas zu verändern? Da powern wir uns lieber weiter systematisch aus und plündern unsere Energiereserven, bis unsere Batterie auf einem hohen Stresslevel irgendwann komplett ausfällt. Erfolg sieht anders aus!

Die Frage, um die sich letztendlich alles dreht, lautet: Was zählt im Leben wirklich? Sind es die äußeren Dinge, sicht- und vergleichbar, die uns glücklich machen? Oder ist es die innere Ruhe, die uns unabhängig von äußerlichen Bedingungen im Leben Wohlbehagen schenkt? Und genau da liegt das große Problem: Warum muss es entweder oder sein? Warum darf es nicht beides sein? Materialer Erfolg (äußere Statussymbole, Karriere, Reichtum) und immaterieller Erfolg (innere Ruhe Ausgeglichenheit, Spiritualität). Viele Menschen denken, sie müssten sich für eines entscheiden. Doch das ist nicht so! Man kann in beiden Bereichen erfolgreich sein. Um dies zu erreichen müssen wir uns allerdings auch für beide Bereiche Zeit nehmen. So wie wir täglich an unseren großen Zielen und Visionen arbeiten, müssen wir auch täglich an unserem inneren Erfolg arbeiten, um innere Ruhe und Ausgeglichen zu finden. Nur wenn wir beides berücksichtigen, entsteht ganzheitlicher Erfolg.

Das Lebensprinzip SEIN
Der Urkern des Menschen ist auf Wachstum programmiert, so wie sich auch unser Universum immer weiter ausdehnt und wächst. Das gilt nicht nur für unseren Körper, ja jede einzelne Zelle, die sich unaufhörlich teilt, sondern auch für unsere Persönlichkeit. Mit jedem Zentimeter, den wir als Baby körperlich zulegen, mit jedem neuen Wort, dass wir als Kind lernen, mit jeder Fähigkeit, die wir als Jugendlicher und auch in den späteren Jahren immer wieder erwerben – unser Drang nach Entwicklung und Entfaltung ist in unseren Genen angelegt. Allerdings müssen wir auf zwei Faktoren achten: Erstens, dass dieser Drang sich nicht krankhaft verändert – weder in die eine „Wachstum über alles“ noch in die andere „Genug gewachsen“ Richtung. Und zweitens, dass dieses Wachstum ganzheitlich stattfindet: Zum Körper gehört auch der Geist und umgekehrt. Und genauso gehört zum äußeren Erfolg auch der innere Erfolg. Sonst geht die Vollkommenheit des Menschen verloren, genauso wie das ganzheitliche Glück. Nur wer den Drang nach Wachstum, nach äußerem Erfolg mit der Bescheidenheit und inneren Ruhe verbindet, kann als Persönlichkeit reifen, wird als Mensch im Hier und Jetzt ins Sein kommen und damit das wichtigste Lebensprinzip erfüllen.

Ganzheitlicher Erfolg erfordert ein neues Denken
Oftmals befinden wir Menschen uns in einem Loyalitätskonflikt. Haben wir von unseren Eltern immer wieder gehört „Geld macht nicht glücklich“ oder „Geld verdirbt den Charakter“ wird es uns schwer fallen, Reichtum anzustreben bzw. anzuerkennen. Wir sind gefangen in unseren Glaubensmustern und werden immer das Gefühl haben, dass wir nicht mehr geliebt werden, wenn wir dieses Denken durchbrechen. Leben wir umgekehrt in einer Familie, die sehr viel Wert auf Statussymbole legt, in der als erstes über das neue Auto oder den letzten Luxusurlaub gesprochen wird, werden wir uns hüten, die Gespräche auf innere Werte zu lenken und darauf hinzuweisen, wie wichtig doch Bescheidenheit und das Auskommen mit Wenigem ist. Familien, die mit wenig Geld zurechtkommen müssen, erklären häufig, dass es gar nicht darauf ankommt, wie viel man hat, sondern dass man zusammen ist. Sie erklären, dass andere abhängig und fremdbestimmt sind, weil sie nur dem schnöden Mammon hinterherhetzen. Umgekehrt ist man nicht gerade dann abhängig und fremdbestimmt, wenn man als Hartz IV Empfänger alles offenlegen muss, um letztendlich seine Zuschüssen beziehen zu können? Das Augenmerk ist bei beiden nur nach außen gerichtet: Bei demjenigen, der megaerfolgreich ist, darüber aber sich selbst und seine Umgebung vernachlässigt ebenso wie bei demjenigen, der vom Staat abhängig ist und sich und seine Umgebung ebenfalls vernachlässigen muss. Für beide wäre ein neues Denken förderlich. Und dieses neue Denken erfordert im ersten Schritt nur eines: Den Lebenszyklus und die persönliche Reise jedes Einzelnen nicht zu verurteilen – weder als Mensch, für den bisher der äußere Reichtum mehr zählte, noch als Mensch, für den der innere Reichtum wichtiger war. Um im zweiten Schritt zu erkennen: Beides ist auch zusammen möglich – megaerfolgreich und megaglücklich zu sein. Doch dafür bedarf es neben der Erkenntnis auch einer neuen Strategie.

Kein entweder-oder, sondern ein klares UND
Um eine Antwort auf die Frage in der Überschrift zu geben: Ja, zielstrebige Bescheidenheit oder bescheidene Zielstrebigkeit ist möglich und machbar. Acht Stunden täglich arbeiten wir an unserem beruflichen Erfolg, verdienen Geld, mit dem wir uns mehr oder weniger leisten können. Das Ergebnis ist unser äußerer Erfolg. Jeden Morgen und Abend putzen wir unsere Zähne, wir gehen regelmäßig zum Sport, duschen und pflegen uns. Auch das kommt unserem äußeren/äußerlichen Erfolg zugute. Doch wie viel Zeit nehmen wir uns, um unseren Geist zu reinigen? Wie viel Zeit nehmen wir uns täglich, um unsere mentale Ebene zu stärken? Genau dieser Ausgleich zum Ehrgeiz ist wichtig, um sich einmal ganz bewusst zu besinnen, um neben der Zielstrebigkeit auch die Bescheidenheit zu üben, um neben dem Erfolg auch dem Glück den gebührenden Platz in unserem Leben einzuräumen.

Zwischen Ehrgeiz und Besinnung
Auch wenn wir durch das neue Denken tiefer in uns selbst blicken und andere Bewusstseinsebenen erreichen, ist dies nicht ein Aufruf dazu, keinen Erfolg mehr anzustreben. Absolut nichts spricht gegen den Ehrgeiz. Dafür spricht umso mehr dafür, parallel die Besinnung anzustreben, sich täglich neben der konzentrierten Arbeit auch Zeit für die Konzentration nach innen zu nehmen. Vielleicht helfen nachfolgende Inspirationen, täglich für eine halbe Stunde bewusst aus dem Hamsterrad auszusteigen, sich Zeit zu nehmen für unseren inneren Erfolg. Das dadurch gewonnene innere Glück wird uns belohnen mit einem ganz anderen, tieferen und zufriedeneren Blick auf unseren äußeren Erfolg.

Inspirationen für den inneren Erfolg

1. Nimm dir weniger vor!
Werden Sie sich klar, welche Ziele Sie im Leben wirklich haben. Was wollen Sie erreichen und was zählt letztendlich, wenn Sie mit 90 auf Ihr Leben zurückblicken? Durch dieses Bewusstsein, werden Sie verschiedene Aufgaben als unnötig betrachten. Sie können diese einfach loslassen und sich auf die wesentlichen Dinge konzentrieren, die sie ihrem Lebensziel wirklich näher bringen.

2. Lebe im Hier und Jetzt!
Denken Sie nicht ständig an die Zukunft (es reicht aus, sich Gedanken zu machen, wenn es soweit ist) oder an die Vergangenheit (hieran können Sie eh nichts mehr ändern), sondern bleiben Sie mehr in der Gegenwart. Bewusst wahrzunehmen, wo man ist, was man sieht, was man hört, was man riecht, was man fühlt, ermöglicht es, auch für kleine Dinge dankbar und dadurch zufriedener und glücklicher zu sein. Auch tägliches Meditieren hilft, um ganz bei sich selbst anzukommen.

3. Hab Spaß!
Spannung, Spiel und Spaß! Das ist es, wovon wir als Kinder oder in jungen Jahren nicht genug bekommen können. Sorgen Sie doch auch jetzt einmal für Abwechslung in Ihrem Leben. Unternehmen Sie hin und wieder etwas Ungewöhnliches: Essen Sie mit der linken Hand. Nehmen Sie sich mitten in der Woche einen Tag frei. Tun Sie etwas, das Sie schon immer einmal machen wollten. Ist Ihr Kopf mit anderen Dingen beschäftigt, fällt es leichter, die Balance zwischen äußerem und innerem Erfolg zu erreichen.

Den meisten erfolgreichen Menschen mangelt es sicher nicht an Zielstrebigkeit. Erfolg geht einher mit der Fähigkeit, Ergebnisse zu erzielen. Aber erst wenn wir diese Umsetzungskompetenz auch für unseren inneren Erfolg nutzen, werden wir unserer Aufgabe als Mensch gerecht: Ein rundum erfülltes Leben anzustreben, im Inneren wie im Äußeren, für uns selbst und die Menschen in unserem Umfeld.