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Wie ein Profi verhandeln

Vermeiden Sie diese Verhandlungsfehler
Hans Fischer | 26.04.2016
Diese Fehler sollten Sie vermeiden

Nur reagieren
Die Erfahrung zeigt, dass die Personen, die aktiv die Füh-rung in einer Verhandlungsrunde übernehmen, für sich meist ein positives Verhandlungsergebnis erzielen.
Denn es gibt in unserer Gesellschaft wenig Vormacher und sehr viel Nachmacher, die sich gerne an anderen orientieren.
Auch wenn sich die Nachmacher ihren Mitmenschen ge-genüber anders präsentieren. Denn jeder will als selbstbe-stimmter Mensch gelten, der sich auch an eigenen Grundsätzen und Maßstäben orientiert. Da das aber in der Alltagsrealität für die meisten Zeitgenossen zu mühevoll und stressig durchzuhalten ist, bleiben sie, wenn es darauf ankommt, lieber in ihrer kuscheligen Komfortzone.

Prinzip der sozialen Bewährtheit
Die Ursache für dieses Verhalten liegt im Prinzip der sozia-len Bewährtheit.
Es besagt, dass Menschen, um sich eine Meinung zu bilden oder einen Standpunkt einzunehmen, beobachten, was andere in dieser Situation tun.
Viele Menschen denken, dass es nicht falsch sein kann, wenn viele andere auch das gleiche denken. Sicher, es kann richtig sein, aber wir haben auch genug Beispiele in der Historie, wo die Mehrheitsmeinung falsch war.

Besonders stark ist die Neigung, eine Meinung von jemanden anzunehmen, der einem selbst ähnlich erscheint.

Nicht in der Defensive bleiben
Sind Sie durch andere Verhandlungsteilnehmer in eine Po-sition gedrückt worden, in der Sie immer nur reagieren oder sich verteidigen müssen, werden die anderen Teilnehmer immer mehr Macht über Sie gewinnen. Denn Sie sind dann ständig mit der Formulierung von Abwehrmaß-nahmen oder Rechtfertigungen beschäftigt und können selbst nicht konstruktiv agieren. Das ist dann der Fall, wenn die Gegenseite Sie gezielt mit unbequemen Fragen, Vor-würfen überraschenden Fakten und zu harten Forderungen attackiert.

Am sichersten kommen Sie aus dieser Sackgasse wieder heraus, wenn Sie durch gezieltes Hinterfragen dem Angreifer signalisieren, dass er seine bissigen Argumente sehr gut untermauern muss, wenn er Sie in Bedrängnis bringen will:

„ „Herr Schneider, Sie sind mit meinen Vorstellungen nicht einverstanden. Wie konkret muss eine Lösung aussehen, die für Ihr Unternehmen einen echten Nutzen darstellt?“
„ „Welche genauen Vorstellungen haben Sie von ei-nem optimierten Produktionsprozess?“
„ „Können Sie mir bitte, zu meinem besseren Ver-ständnis, den genauen Hintergrund Ihrer Forderung erläutern?“
„ Welches konkreten Ziele verfolgen Sie mit Ihrer Ar-gumentation?“
„ „Mit welchen Fakten können Sie Ihre Thesen bewei-sen?“
„ „Gibt es dazu nachprüfbare Zahlen?“
Kein aggressiv auftretender Verhandlungsteilnehmer wird sich die Blöße geben, von den anderen verdächtigt zu werden, seine Argumente seien nicht zu Ende gedacht, ober-flächlich oder nur emotional verursacht.
Falls er dabei von Ihnen durch Ihre Präzisierungsfragen ertappt wird, wird er künftig vorsichtiger mit Ihnen um-gehen.

Zu viel reden
Einige Verhandlungsteilnehmer glauben, dass die Anzahl der eigenen Redebeiträge eine positiv steuernde Wirkung auf die Verhandlung haben. Das ist ein Irrglaube! Das stän-dige Reden zwingt sie vielmehr, sich permanent mit sich zu beschäftigen, um die passenden Formulierungen zu finden. Wenn der Mensch primär mit sich selbst beschäftigt ist, kann er sich nicht richtig auf andere konzentrieren. Da-durch versäumt er viele nützliche Informationen. Außer-dem erweckt so ein dominantes Verhalten Misstrauen und Abneigung („Schwätzer, Selbstdarsteller.“).
Ganz im Gegenteil haben die Verhandlungsteilnehmer, die viele offenen Fragen stellen, einen stärkeren Einfluss auf den Verhandlungsverlauf.
Verhandlungsteilnehmer, die mit Fragen steuern, bestimmen nicht nur die Themen und lenken die Diskussion, sie lernen auch die Denkstruktur der anderen Verhandlungs-partner besser kennen. Mit diesem Wissen können sie sich noch treffender auf sie einstellen.

Offene Fragen ermuntern nicht nur zu ausführlichen Antworten, sie zeichnen den Fragenden darüber hinaus als einen interessierten, verständnisvollen Gesprächspartner aus. Er wird als einer empfunden, der sich für die Meinung der anderen Menschen interessiert.

Den meisten Menschen fällt es ohnehin leichter zu reden, als konzentriert zuzuhören.
Nutzen Sie das. Indem Sie andere Menschen zum Reden bringen, öffnen diese sich dabei auch leichter und fühlen sich wohl. Sie erhalten als Zuhörer viele wertvolle Informationen, die Sie für Ihre Strategie und Argumentation ver-werten können. Das ist für den Erfolg einer Verhandlung nur zielführend.


Zu schnelle Kompromisse eingehen
Wenn Sie zu früh Kompromissbereitschaft zeigen, spornen Sie Ihren Verhandlungspartner nur dazu an, seine Forderungen noch weiter nach oben zu schrauben. Er legt Ihre Kompromisshaltung als Schwäche aus. Irrtümlich haben Sie aber gehofft, dass es als ein positives Signal des Entge-genkommens ankommt.

Ihr Verhandlungspartner interpretiert das Signal aber so, dass aus Ihnen noch mehr rauszuquetschen ist, weil Sie bereits Zugeständnisse gegeben haben, ohne massiv unter Druck gesetzt worden zu sein. Dazu kommt noch die weit verbreitete Meinung, dass nur das kostbar ist, was schwer zu bekommen ist.

Mit einer zu schnellen Kompromisshaltung machen sie Ihr Angebot wertloser.

„ Vermeiden Sie auch Formulierungen wie: „Treffen wir uns in der Mitte.....“. Der gewievte Verhand-lungspartner wird dann diese Mitte so tief ansetzen, dass Sie in eine sehr ungünstige Position geraten.
„ Hüten Sie sich auch davor, den Verhandlungspartner in einer Preisverhandlung zu fragen: „Welchen Preis würden Sie denn akzeptieren, Herr Schulze?“
„ Schulze wird seinen Vorschlag dabei noch niedriger ansetzen, als er vorgehabt hätte.
„ Sie werden beide weit von einem vernünftigen Ergebnis weg sein und der Kunde wird seine Kreativi-tät dafür nutzen, seinen Standpunkt zu verteidigen.
Sie haben ihn durch Ihre Frage zu einer vorschnellen Festlegung manövriert.
Er wird jetzt seine Position nicht so einfach aufgeben können, ohne sein Gesicht zu verlieren. Dabei findet er genügend plausibel (scheinrational) wirkenden Argumente, die seine Festlegung rechtfertigen sollen. Ohne es vorgehabt zu haben, haben Sie ihn dazu eingeladen.

Das Buch zum Thema:
Hans Fischer
Wie ein Profi verhandeln
Merkmale einer gelungenen Verhandlungsführung
VDMA-Verlag, 112 Seiten, 24,90 Euro inkl. 7% MwSt. zzgl. Versand
ISBN: 978-3-8163-0621-4
www.vdmashop.de/Vertrieb-und-Marketing/Wie-ein-Profi-verhandeln.html