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So kaufen Kunden in 2021

Das Kaufverhalten der Kunden wird noch durchdachter, nachhaltiger, regionaler, digitaler. Dies braucht frische, neue, kühne Ideen.
Anne M. Schüller | 12.01.2021
So kaufen Kunden in 2021 © Pixabay
 

Auf brutale Weise hat uns Corona vor Augen geführt, wie fragil unser weltweites Ökosystem tatsächlich ist. Gewissheiten gibt es für nichts und niemanden mehr. Unerwartete Ereignisse lauern an jeder Ecke. Wir wissen nicht, ob oder wann sie kommen, doch wenn, dann kommen sie schnell. Permanente Vorläufigkeit ist die neue Normalität. Nur die wendigen, flinken, jederzeit anpassungsfähigen Unternehmen mit couragierten, noch nicht gesehenen, marktrelevanten Ideen werden das überleben.

 

Neuerungen können aber nur dort entstehen, wo es den passenden Nährboden gibt: die Erlaubnis zum Widerspruch, eine Fehlerlernkultur sowie Freiraum zum ergebnisoffenen Experimentieren und Ausprobieren. Die wichtigste Fähigkeit, die Unternehmen hierzu brauchen, ist die ständige Bereitschaft zum Umdenken und Andersmachen. Basis dafür ist das Vermögen, viele gute neue Ideen zu entwickeln, und die jeweils passendsten rasch und agil umzusetzen. Mit Blick auf 2021 stechen dabei acht Aspekte besonders heraus:

 

Aspekt 1: Erfolg braucht neue, unkonventionelle Ideen

Kundenrelevante Innovationen werden nur dort gelingen, wo es die passenden Strukturen und Mindsets gibt. Im Neuland gibt es keine Erfolgsgarantien. Märkte, die noch nicht existieren, können nicht analysiert, höchstens hoffnungsvoll vorgedacht werden. Ein Alptraum für den klassischen Manager. Der will keine Abenteuer, sondern exakte Zahlen und einen fixen Plan, sozusagen eine Vollkaskoversicherung für neue, forsche Ideen. Das zwingt alle im Unternehmen zu Kleinmut und Konformismus.

 

Man kann gar nicht genug verrückte Ideen haben, um seine Kunden immer wieder neu zu betören. Und man braucht viele solcher Ideen. Denn nur, wer viel würfelt, der würfelt am Ende auch Sechser. Die Zukunft der Unternehmen liegt in den Händen unkonventioneller Ideengeber, die mit frischem, wildem, kühnem Tun Umbrüche wagen. Solche Vorwärts-, Quer- und Weiterdenker sind für jeden Anbieter ein Glücksfall. Sie brauchen in Postcorona-Zeiten freie Bahn, und zwar quer durch die gesamte Firma.

 

Aspekt 2: Die klassische Salesforce wandert ins Web

Suchverhalten, Kaufprozesse und Medienkonsum verlagern sich über Mobilgeräte immer stärker ins Web. Zunehmend führen die Anbieter ihre Kunden online bis zum Abschluss: auf der eigenen Website und/oder auf passenden Fremdportalen. Nur komplexe Probleme brauchen noch eine persönliche Kommunikation – und dies auch nur dann, wenn der Kunde das so will. Druckverkauf wird nicht mehr akzeptiert.

 

Ergo: Die Zukunft des Vertriebs findet im digitalen Raum und am Telefon statt, nicht nur bei der Betreuung, sondern auch bei der Akquise. Verhandlungen via Zoom & Co. werden Usus. Auch die zunehmende Home-Office-Zeit reduziert die Gelegenheiten, Außendienstbesuche vor Ort zu machen. Offline-Events und Verkaufspräsentationen werden zunehmend durch virtuelle Aktivitäten, Videos und pfiffige Webinare ersetzt.

 

Aspekt 3: "Peertalk" ersetzt die tradierte Anbieterwerbung

Unternehmen erreichen eine Vorrangstellung vornehmlich darüber, wie Kunden einen Marktplayer wahrnehmen – und was sie Dritten über dessen Performance erzählen. So geht die Initiative zu einer Entscheidung vom Vertriebler auf seriöse Empfehler, Influencer und Meinungsmacher über. „Peertalk“, das, was Gleichrangige sagen, wird vor allem für die jüngere Generation zum eigentlichen Wegbegleiter und Kaufberater.

 

Solche "wissende Dritte" sind aus Kundensicht weitaus glaubwürdiger als die aufgebauschten Anbieterversprechen und die oft als verlogen empfundene Werbung. Dritte beeinflussen Entscheidungsprozesse auch deshalb, weil diese durch Hinweise einfach und sicher werden. Deshalb müssen sich die Unternehmen empfehlenswert machen. Und Geschichten kreieren, die viralisieren. Auch dazu braucht es frische Ideen.

 

Aspekt 4: Nicht Produkte, sondern Erlebnisse werden gekauft

Kein Produkt ist per se interessant. Interessant ist vielmehr das, was wir durch das Produkt erreichen. Wenn Menschen eine Aufgabe zu bewältigen haben, holen sie das dazu passende Konzept in ihr Leben: um voranzukommen, um erfolgreicher zu sein, für eine bessere Zukunft. Wann? Möglichst sofort. Wie? Möglichst anstrengungsfrei. Das Ganze am liebsten so individuell wie nur möglich – und zu einem bestmöglichen Preis.

 

Früher hatten alle die gleiche Schallplatte, heute hat jeder seine ganz persönliche Playlist. Will heißen: Kunden wollen keine Massenprodukte und Gleichmacherei, sondern Originalität, Unikate und Design. Personalisierung, Emotionalisierung, Erlebnisse und ein ganz persönlicher Lifestyle gewinnen immer mehr an Bedeutung. Zudem konsumieren die Menschen bedachter. Statussymbole verlieren an Reiz. Die Sharing-Economy, also Mieten, Teilen und Wiederverwerten rücken stark nach vor.

 

Aspekt 5: „Purposeful Brands“ sind gefragter als je zuvor

Zahlungsbereite Kunden, Toptalente und auch die Gesellschaft erwarten zudem, dass ein Unternehmen hehrere Ziele verfolgt als Marktführerschaft und Maximalrenditen. Sie wollen zunehmend wissen, wie ein Anbieter mit seinen Mitarbeitern und der Umwelt umgeht und wie er glaubhaft zu einer heileren Welt beitragen will. Bei gleichen Preisen wird die nachhaltigere Marke favorisiert, oft sogar ein höherer Preis akzeptiert. „Konsumiere Gutes und rede darüber“ wird zum neuen Status-Statement.

 

Im Zentrum einer Organisation und/oder Marke steht deshalb ein kraftvoller Purpose - der Daseinssinn des Unternehmens. Er ist ökonomisch, ökologisch und sozial von Bedeutung. Wie der Kern einer Frucht sichert dieser Purpose das Überleben am Markt. Er erleichtert Entscheidungen, erhöht die Zahl der Erst- und Wiederkäufe, steigert Aufpreisbereitschaft und Weiterempfehlungsaktivitäten, erzeugt damit qualitatives Wachstum und macht Wettbewerbsvorsprünge sehr wahrscheinlich.

 

Aspekt 6: Echt treue Kunden gibt es nur noch vereinzelt

Erkaufte oder erzwungene Kundenbindung über Prämien und Wechselbarrieren funktionieren nicht mehr. Die Markentreue von einstmals gibt es nur noch vereinzelt. Grundsätzlich sind Konsumenten permanent absprungbereit. Neues wird ständig getestet. Wechseln ist völlig normal. Zu jedem Produkt und zu jeder Dienstleistung gibt es interessante Alternativen, die im Web mit wenigen Klicks erreicht werden können.

 

Deshalb ist eine kontinuierliche Bestandskundenpflege wichtiger als jemals zuvor. Gerade mal zufriedenstellende „solide“ Service-Leistungen fallen gnadenlos durch. 08/15 und Mittelmaß locken niemanden mehr. Solche Leistungen sind beliebig – und beliebig ist das Gegenteil von begehrlich. Wer nicht außergewöhnlich ist, für den klappt das Verkaufen, weil heutzutage alles vergleichbar ist, nur noch über den Billigpreis.

 

Aspekt 7: Jeder Patzer ist ein Einfallstor für Disruptoren

Viele Anbieter agieren nach wie vor selbstbezogen, effizienzgetrieben und im Rahmen starrer Prozesse. Tunlichst sollen sich die Kunden in die vorgedachten Abläufe fügen, umständliche Formalien akzeptieren und im Takt ihrer altersschwachen Software ticken. Heißt: Die Klientel soll ackern, damit man selbst nicht so viel Arbeit hat. Wirklich kundenorientiert ist aber nur der, der sämtliche möglichen Ärgernisse vom Kunden zum Anbieter verschiebt, sodass nur noch positive Erlebnisse übrigbleiben.

 

Kundenfreundliche Unternehmen betrachten jeden kundenrelevanten Prozess aus dem Blickwinkel der Kunden, kooperieren mit ihnen und binden sie aktiv in Optimierungen ein. Diejenigen hingegen, die ihren Kunden altertümliche, umständliche und mühsame Verfahrensweisen zumuten oder ihnen Zeit stehlen, werden vom Markt verschwinden. Denn jede schlechte Kauferfahrung, jedes miese Serviceerlebnis, jedes ungelöste Kundenproblem, jede einzelne Unannehmlichkeit ist ein Einfallstor für Disruptoren.

 

Aspekt 8: Crossfunktionale Zusammenarbeit ist heute ein Muss

Kunden betrachten ein Unternehmen immer als Einheit. Wenn auch nur ein einziger Mitarbeiter inkompetent patzt, war für den Kunden „dieser Saftladen“ schuld. Jedes Vorkommnis kann zum Zünglein an der Waage werden. Vernetztes Zusammenarbeiten ist über alle Abteilungsgrenzen hinweg ein Muss. Die Silos müssen nun endlich weg. Zuvorderst müssen Service, Sales und Marketing zu einer Einheit verschmelzen.

 

Eine Customer Journey verläuft immer quer durch die Unternehmenslandschaft. Sie verlangt ein dem Kundeninteresse dienendes bereichsübergreifend synchronisiertes Handeln. Hierbei gruppieren sich die Mitarbeiter um Branchen, Kunden, Produkte oder Funktionen. Ein abteilungsneutraler Customer Experience Manager oder Customer Touchpoint Manager, der als Kundenadvokat agiert, ist dabei dringend vonnöten.