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Warum wir uns für unsere Kunden neu erfinden

Die Digitalisierung hat unsere Welt schnelllebig gemacht. Wollen Unternehmen morgen noch erfolgreich sein, müssen sie sich regelmäßig hinterfragen.
Ferri Abolhassan | 16.05.2022
Warum wir uns für unsere Kunden neu erfinden © Telekom Deutschland GmbH
 

Als Dick Fosbury 1968 bei den olympischen Spielen in Mexiko nicht vorwärts, sondern rückwärts über die Latte springt, lacht die Konkurrenz zunächst über ihn. Doch dann staunen alle: Als einziger Springer überwindet er 2,24 Meter und gewinnt die Goldmedaille. In den Folgejahren wird der „Fosbury Flop“ zum neuen Standard im Hochsprung.

Ich bin ein großer Fan von Dick Fosbury und seiner Geschichte. Warum? Weil sie uns zeigt, dass es sich lohnt, mutig zu sein, Bestehendes zu hinterfragen, seinen eigenen Weg zu finden und den auch konsequent zu gehen – egal, was andere davon halten. Dank seiner Radikalität ist ihm ein echter Re-Invent gelungen!

Auch in der Wirtschaft finden sich immer wieder Dick Fosburys, denen bestehende Standards und Konventionen egal sind. Die out of the box denken und so Innovationen vorantreiben, die für disruptive Veränderungen in ganzen Branchen sorgen:

Dazu gehört Steve Jobs, der 2007 mit dem iPhone den Smartphone-Markt komplett auf den Kopf gestellt hat. Ein Handy ohne Tasten, geht das? Und wie! Längst ist der Touchscreen die Norm. Oder Reed Hastings, der mit der Gründung von Netflix den Weg dafür bereitet hat, dass wir heute Filme online streamen können, statt in Videotheken ausleihen zu müssen. Und Amazon-Gründer Jeff Bezos hat aus einem Garagen-Buchversand das führende Online-Kaufhaus der westlichen Welt aufgebaut. Er hat die Art und Weise wie wir einkaufen radikal verändert.

Von Amazon lernen

Doch was ist das Erfolgsrezept von Amazon? Sicher gehört die Day-One-Mentalität dazu: Bezos hat Amazon immer so geführt, als stehe das Unternehmen noch am ersten Tag. In seinen Augen war schon Tag 2 Stillstand. Nach seiner Logik steht Amazon selbst 28 Jahre nach Marktstart erst am Beginn einer großen Erfolgsstory, das Beste kommt erst noch. Sein Rat: Stagnation vermeiden, hungrig bleiben, sich immer wieder hinterfragen. Es gilt, alles daran zu setzen, dauerhaft eine Day-One-Company zu bleiben – egal, wie alt oder groß das Unternehmen wird.

Gleichzeitig gibt Amazon seinen Mitarbeitenden Freiraum, eigene Ideen zu entwickeln, die nicht zum Kerngeschäft passen. „Invent and wander“ – bei diesem Out-of-the-box-Denken leiten Intuition, Neugier und Experimentierfreude die Gedanken. So entstehen oft die größten Innovationen. Bestes Beispiel: die Amazon Web Services: Die Vermietung von Datenspeicher in der Cloud hat erstmal nichts mit dem Verkauf von Büchern zu tun. Trotzdem ist daraus ein extrem lukratives Geschäft und zweites Standbein für Amazon entstanden. Die Kunst besteht darin, die richtige Balance aus rationalen Entscheidungen und kreativen Spinnereien zu finden. Diese Ambidextrie oder Beidhändigkeit ist eine enorm wichtige Managementfähigkeit.

Amazon‘s vielleicht wichtigstes Erfolgsgeheimnis ist jedoch der radikale Kundenfokus. Während andere Unternehmen überlegen, wie sie noch mehr Bücher verkaufen können, überlegt Amazon, wie es das Erlebnis des Bücherlesens für seine Kunden verbessern kann. So entstand der Kindle. Und der hat nicht nur das Leseerlebnis verbessert, sondern Amazon gleichzeitig neue Erlösquellen gebracht. Darum sollte man immer radikal aus Sicht des Kunden denken und nur Dinge tun, die gut für ihn sind.

Sich ständig hinterfragen

Unternehmen sollten versuchen, ihre Produkte und Services konsequent vom Kunden her zu denken. Zu versuchen das Tagesgeschäft abzusichern und gleichzeitig neue Wege zu gehen, um Innovationen voranzutreiben. Weil sich die Erwartungen von Mobilfunk-, Festnetz- und Internet-Kunden stetig weiterentwickeln, hinterfragen wir uns regelmäßig – selbst Dinge, die wir bereits erfolgreich verändert haben.

Als wir 2017 mit unserem Re-Invent begannen, war das ein echter Paradigmenwechsel: Weg vom Kostenmanagement, hin zum Management von begeisternden Kundenbeziehungen. Zuvor hatten wir versucht, die Anrufe an der Hotline möglichst schnell abzuwickeln. Wir dachten, das sei kosteneffizient. Doch das war ein Denkfehler. Wahre Effizienz entsteht, wenn wir die Anliegen unserer Kunden im ersten Kontakt lösen, damit sie kein zweites oder drittes Mal anrufen müssen.

Es ist nicht einfach, dieses Umdenken in einer Organisation mit 30.000 Mitarbeitenden zu etablieren. Doch unser Durchhaltevermögen zahlt sich immer stärker aus: Heute lösen wir bereits 55 Prozent der Kundenanliegen im ersten Kontakt. Die Anzahl geplatzter Techniker-Termine haben wir von 10 Prozent auf 0,6 gesenkt – bei 30.000 Außendienst-Einsätzen täglich. Und die Zahl der Beschwerden ist um 80 Prozent gesunken.

Vom Kunden her denken

Doch damit geben wir uns nicht zufrieden. Unsere Transformation geht weiter. Perspektivisch möchten wir jedem Kunden ein begeisterndes Sales- und Serviceerlebnis bieten. Dafür konzentrieren wir uns auf vier Punkte:

  • Mit Regiocentern rücken wir noch näher an unsere Kunden.
  • Dank einer hohen Fachlichkeit lösen wir noch mehr Kundenanliegen im ersten Kontakt.
  • Wir entwickeln Services, die konsequent vom Kunden her gedacht sind.
  • Durch eine engere Zusammenarbeit optimieren wir das Einkaufs- und Serviceerlebnis für unsere Kunden über alle Kanäle hinweg.

 

Mit der Regionalisierung möchten wir unsere Kunden überall dort abholen, wo sie sind – in ihrem Umfeld, in ihrer Sprache. Mit einem festen, bereichsübergreifenden Team, das sich vor Ort auskennt und durchgängig verantwortlich fühlt, bis das Anliegen gelöst ist. Dazu haben wir soeben bundesweit 14 Regiocenter aufgebaut.

Zudem investieren wir noch stärker in die fachliche Fitness unserer Mitarbeitenden. Etwa mit unseren Magenta Garagen, die unsere Netzarchitektur nachbilden und realitätsnahe Trainings ermöglichen. Mit zusätzlichen Schulungen und Coachings kann jeder Mitarbeitende an seinen individuellen Entwicklungsfeldern arbeiten, unsere Produkte besser kennenlernen, technisches Verständnis vertiefen und seinen Wissenshorizont erweitern.

Niemals aufgeben

Auch unsere Abläufe und Arbeitsweisen schauen wir uns genau an – ohne Denkverbote. Wir prüfen, wo wir für unsere Kunden noch einfacher und nutzerfreundlicher werden können. Nur so schaffen wir innovative Services mit echtem Mehrwert für unsere Kunden, wie unseren Concierge Service, eine persönliche Betreuung für Neukunden, oder unseren Digital Home Service, einen Experten-Support bei der Heimvernetzung.

Unsere Kunden sollen zudem frei wählen, welchen Kanal sie für ihr Anliegen nutzen möchten und diesen auch mühelos wechseln können – ohne Brüche. Wir möchten ihnen ein konsistentes Omnichannel-Erlebnis bieten, über alle Kanäle und Situationen hinweg – egal, ob an der eigenen Haustür, im Shop oder an unserer Hotline. Dafür arbeiten wir künftig noch enger zusammen und vernetzen unsere Kanäle stärker.

Uns ist bewusst: Unser Re-Invent ist noch lange nicht zu Ende. Doch wir hören nicht eher auf, bis wir unsere Ziele erreicht haben. Denn wir sind fest überzeugt: Es ist noch immer Tag eins, das Beste kommt erst noch!

 

 

Mehr zum Thema: Weitere Tipps und Best-Practice-Beispiele aus anderen Branchen finden sich im neuen Buch von Dr. Abolhassan: „Re-Invent – Warum wir uns für unsere Kunden immer wieder neu erfinden müssen“, Frankfurter Allgemeine Buchverlag, April 2022, ISBN: 978-3-96251-131-9.

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Über Ferri Abolhassan

Vorstand Deutsche Telekom AG CEO T-Systems International GmbH Aufsichtsratsvorsitzender DFKI Kuratoriumsmitglied Max-Planck-Institut für Informatik